Hermann Cohen

(1842-1918)

  Hermann Cohen

Hermann Cohen
Hermann Cohen wurde 1876 als Professor für Philosophie an die Universität Marburg berufen. Mit "Kants Theorie der Erfahrung" hatte er 1871 eine vielbeachtete Kantinterpratation vorgelegt, die zusammen mit den Darstellungen von Kants Ethik (1877) und Ästhetik (1889) die theoretische Grundlage der sog. Marburger Schule des Neukantianisumus wurde.
Nach seiner Emeritierung 1912 ging Cohen, der aus einer orthodoxen jüdischen Familie stammte, nach Berlin, um an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums zu lehren.
Im Herbst 1913 lernte Franz Rosenzweig dort Hermann Cohen kennen - genau zu dem Zeitpunkt, als er sich nach dem sog. Leipziger Nachtgespräch im Juli 1913, in dem ihm sein Freund Eugen Rosenstock das Versprechen abgenommen hatte, dass er sich taufen lassen werde, in einer existenziellen Krise befand. Und in dieser Krise wurde Hermann Cohen für Franz Rosenzweig zu einem wichtigen "Wegweiser" auf seinem Weg zurück ins Judentum:
Cohen, der in Marburg noch gelehrt hatte, dass die Religion eine historisch zwar notwendige, aber doch unvollkommene Form der Ethik sei, betonte jetzt den spezifischen Wert der Religion neben, im gewissen Sinn sogar über der Ethik im System der Philsosophie. Rosenzweig, der Cohen bisher nur als Kantianer kannte, wurde durch die Analogie zwischen dieser Entwicklung Cohens und seiner eigenen Rückkehr zum Judentum stark beeindruckt. In Cohen, so sagte Rosenzweig später einmal, habe er sowohl einen Philosophen als auch einen Menschen getroffen; er beschrieb die Beziehung zu Cohen an anderer Stelle auch als Vater-Sohn Beziehung.

Buchstäblich in den Schützengräben des Balkans schrieb Rosenzweig 1917 die als offener Brief an Hermann Cohen formulierte Schrift zur jüdischen Erziehung „Zeit ist’s“, in der er basierend auf seinen eigenen Erfahrungen mit der von ihm schon als Schüler defizitiär empfundenen sog. jüdischen Erziehung einen detaillierten Lehrplan für die Erneuerung der jüdischen Erziehung entwarf.
Rosenzweigs Vorschlag fand ein großes, wenn auch zumeist kritisches Echo. Aber Hermann Cohen war tief beeindruckt und begründete unter Rosenzweigs Einfluss gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern aller Fachrichtungen 1918 in Berlin die „Akademie für die Wissenschaft des Judentums“, deren Hauptanliegen es war, das Judentum als eine jetzt und auch zukünftig lebendige Kraft zu zeigen, die erforscht werden will.
Als reine Forschungseinrichtung entsprach die Akademie allerdings nicht Rosenzweigs ursprünglichen Ideen zur Erneuerung der jüdischen Bildung, die er dann erst mit der 1920 gegründeten Jüdischen Lehrhaus in Frankfurt verwirklichen konnte.


Dokumente, Texte, Materialien von und über Hermann Cohen

Am 29. Oktober 1998 - zum 80. Todestag von Hermann Cohen - wurde auf Initiative von Eveline Goodman-Thau in Buchen/Odenwald, die Hermann-Cohen-Akademie für Religion, Wissenschaft und Kunst eröffnet, die sich im weitesten Sinne mit der Einbettung jüdischen Denkens in die europäische Geistesgeschichte beschäftigt.